Marion hat einen sehr unruhigen Schlaf. Frank weckt sie beunruhigt.
"Ich mache mir langsam wirklich große Sorgen."
"Das brauchst du nicht. Ich werde ab morgen in der Firma kürzer treten. Und wenn du den Vertrag, den Ned vorbereitet hat, unterzeichnet hast, bin ich auch etwas ruhiger.“
„Oh, ähm. Darüber wollte ich eh noch einmal mit dir reden. Ich weiß nicht, ob ich schon so weit bin. Das bedeutet schließlich eine immense Verantwortung.“
„Du schaffst das. Ich weiß das. So wie du dich ins Zeug gelegt hast. Und du bist ja nicht allein. Ned, Jörg, Gertrud, die anderen Angestellten und selbst Matha stehen dir doch zur Seite.“
„Wenn du meinst.“
„Ganz bestimmt. Und jetzt lass uns noch ein wenig schlafen.“ Sie küsst ihn und legt sich wieder hin. Er lächelt zwar, aber wirkt immer noch beunruhigt.
Am Morgen: Matha telefoniert. Sie ordert noch einmal ein Fläschchen mit dem Mittel.
„Und sie sind sicher, daß man es nicht nachweisen kann? Sehr gut. Dann treffen wir uns später.“
Mike sitzt in seinem Zimmer und versucht seiner Mutter einen Brief zu schreiben. Er versucht zu erklären, wieso er nicht zu ihr kommen konnte und daß er noch etwas Zeit braucht. Es klopft und er versteckt den Brief unter seinen Sachen. Jörg kommt rein und fragt, ob er nicht frühstücken will.
„Ich habe keinen Hunger, danke.“
Jörg tritt näher zu ihm.
„Mach dir nicht zu viele Gedanken.“
„Keine Angst, mache ich nicht.“
„Gut. Dann mach dich mal fertig, damit ich dich zur Schule bringen kann, ja?“
„Okay.“
Jörg geht raus und Mike zieht den Brief wieder hervor, faltet ihn und klebt den Umschlag zu. Dann packt er ihn in seinen Rucksack und verlässt das Zimmer.
Ned und Matha stehen in der Eingangshalle und warten auf die Anderen, als Jörg die Treppe herunter kommt, gefolgt von Mike. Frank kommt aus dem Esszimmer.
„Marion bleibt heute zu hause.“ sagt er.
„Geht es ihr immer noch nicht besser?“ fragt Matha besorgt.
„Nein. Aber du hattest recht. Sie würde in die Firma fahren, wenn ich es ihr nicht verboten hätte.“
„Du hast das gesagt?“ Ned schaut Matha erstaunt an.
„Was soll das denn jetzt heißen? Ich kenne meine Schwester immerhin schon mein Leben lang. Und du weißt doch auch wie sie ist.“
„Stimmt. Okay, dann lasst uns fahren.“
Marion sitzt in ihrem Zimmer am Fenster und schaut hinaus, als Hanna ihr Frühstück bringt.
„Kann ich sonst noch etwas für dich tun, Kindchen?“
„Nein, vielen Dank Hanna.“
Nach dem diese gegangen ist, nimmt Marion ein Brötchen in die Hand, läßt es aber gleich wieder sinken, weil ihr erneut schwindelig wird. Als es etwas nachlässt, greift sie zum Telefonhörer und wählt eine Nummer.
„Guten Morgen. Marion Korth hier. Ich müsste bitte mit Frau Dr. Gruber sprechen. Ja, danke.“
Frank unterschreibt, etwas unsicher den Vertrag, den Ned dann sofort wieder in seiner Mappe verschwinden lässt.
„Tja, mein Lieber. Damit bist du offiziell Teil der Geschäftsführung von >Korth Moden<. Gratulation.“ Er reicht Frank die Hand, die dieser zögerlich nimmt und schüttelt. „Jetzt mach dich nicht verrückt. Es wird alles gut.“
„Ich hoffe sehr, du behältst recht. Ich bin noch nicht lange in diesem Metier und habe einfach Angst Fehler zu machen, die der Firma schaden können.“
„Menschen machen Fehler und keine Angst: Ich bin da und Jörg ist auch da. Es wird schon.“
Da kommt Matha herein.
„Störe ich?“
„Aber nein. Frank hat gerade seinen Knebelvertrag unterschrieben.“
„Ha ha, sehr witzig.“
Ned zwinkert ihm zu. „Wird schon. Ich bin dann mal weg.“
Frank seufzt.
Matha legt ihm die Designmappe auf den Tisch.
„Ned hat recht. Wir stehen dir doch zur Seite und wenn Marion wieder zurückkommt in den Schoss der Firma, bist du auch erlöst.“ Sie lächelt ihn an, doch wirklich aufgemuntert hat ihn das nicht.
Als Ned das Firmengebäude wieder verlassen möchte, kommt gerade Jörg herein.
„Oh, gut, daß ich dich gerade sehe. Hast du vielleicht etwas Zeit?“
„Nun ja, eigentlich...“ stottert Jörg.
„Gut. Ich will dir nämlich etwas zeigen.“ Er packt Jörg an der Schulter und bugsiert ihn wieder zum Ausgang.
Marion hat sich nach unten geschleppt und geht Richtung Park. Jeremy sieht, wie sie wankend zur Tür geht und kommt ihr zu Hilfe.
„Warte. Ich werde dich begleiten.“
„Das ist nicht nötig, Jeremy. Ich schaffe das schon.“
„Ja, das sehe ich. Sei bitte vernünftig und warte bis ich meinen Mantel geholt habe.“ Sie setzt sich in einen Sessel, während er kurz verschwindet. Dann gehen sie gemeinsam hinaus.
„Frische Luft tut immer gut, aber man darf es auch nicht übertreiben, wenn man nicht gut zu Fuß ist.“ schimpft er.
„Für dich werde ich wohl immer das kleine Kind bleiben, oder?“
„Sagen wir es mal so: Ich werde mich zumindest immer um euch Sorgen machen, als wärt ihr meine eigenen Kinder.“
Sie lächelt ihn an.
„Hast du eigentlich noch nie das Gefühl gehabt, du hättest etwas im Leben verpasst. Eine eigene Familie zu gründen, zum Beispiel. Ich meine: du warst immer nur für uns da. Ist dir nie in den Sinn gekommen, uns zu verlassen und mal eigene Kinder zu haben?“
Ich müsste lügen, wenn ich nein sagen würde, aber die Arbeit hier hat mich immer mit Freude und Ehre erfüllt. Deine Eltern waren immer sehr gut zu mir und so hatte ich nie wirklich das Gefühl etwas zu vermissen. Aber ich war auch schon einmal verheiratet, doch das war vor eurer Zeit. Dein Vater wusste das und hat mir immer offen gehalten zu gehen.“
„Das wusste ich wirklich nicht. Bist du geschieden?“
„Nein, aber wir leben seit vielen Jahren getrennt. Sie ist in England geblieben und arbeitet dort als Kindermädchen für eine angesehene Familie. Wir telefonieren oft miteinander.“
„Liebst du sie noch?“
Er seufzt. „Ja, ich liebe meine Cathy noch sehr.“
„Und sie?“
„Ich weiß es leider nicht.“
Sie nimmt seine Hand. „Dann musst du das herausfinden, Jeremy. Man lebt nur einmal und das Leben ist kurz.“
„Aber...“
„Kein aber. Ich werde dir einen Flug für morgen buchen und dann wirst du herausfinden, ob eure Ehe noch zu retten ist. Und wenn ja, dann sollt ihr glücklich werden.“
Er lächelt sie an. „Du bist wie deine Mutter.“
Sie lächelt zurück.
Ned steht im Fuhrpark und beobachtet Jörg wie er einen Wagen begutachtet.
„Und? Was sagst du?“
„Was soll ich sagen? Das ist ein Traum von einem Auto.“
„Also gefällt er dir?“
„Gefallen? Das ist wohl kaum das richtige Wort dafür.“
Ned hält ihm einen Schlüssel vor die Nase.
„Was soll das heißen?“
Ned grinst. „Na was wohl: Er gehört dir.“
Jörg stößt erschrocken mit Kopf an den Türrahmen des Wagens.
„Das...das kann ich nicht annehmen, Ned.“
„Wieso nicht? Ich denke, du hast ihn dir verdient. Außerdem, schau dich mal um. Die ganzen Karren hier gehören mir, aber ich kann sie wohl schlecht alle fahren. Keine Angst, sobald Frank seinen Führerschein hat, und Marion und Matha, bekommen auch sie einen. Du siehst, es ist alles gut aufgeteilt und du kannst als erster davon profitieren.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Jörg hat feuchte Augen, dann wirft er sich Ned um den Hals. „Danke. Vielen, vielen Dank.“
Bei dem Treffen wirkt der Mann Matha gegenüber etwas ungehalten, als sie ihm dieses Mal einen Scheck übergibt.
„Es wird so über die Firma laufen. Diese hohen Summern bar abzuheben wird sonst einfach zu auffällig.“ erklärt Matha. „Oder trauen sie mir etwa nicht? Sie haben doch bislang immer ihr Geld bekommen, oder etwa nicht?“
„Schon gut. Aber seien sie vorsichtig. Zuviel von diesem Mittel kann tödlich wirken. Und sie wollen doch schließlich nur eine Schwächung auslösen, nicht wahr?“
„Aber natürlich. Nur schwächen.“
Mike steht wieder vor dem Haus und wirft den Brief ein. Dann flüchtet er sehr schnell. Gerda öffnet die Haustür, doch da ist er schon weg.
Frank ist wieder bei der Tanzlehrerin und sie beenden gerade die Lektion.
„Ich bin ein hoffnungsloser Fall, oder?“ seufzt er.
„Aber ganz und gar nicht.“ antwortet sie zufrieden mit starkem Dialekt.“Sie sind äußerst beweglich und lernen sehr schnell. Ich wünschte mir von einigen meiner Schüler so einen Enthusiasmus.“
„Das sagen sie sicher nur so.“
Sie schaut sehr streng. „Milena Pronakova sagt niemals etwas, was sie nicht so meint!“
„Bitte verzeihen sie, ich wollte nicht unhöflich sein.“
„Schon gut. Ich denke, ihre Familie wird sehr stolz auf sie sein.“
„Das hoffe ich.“
Marion will sich für den Ball fertig machen, als Frank hereinkommt. Er bemerkt, das es ihr besser zu gehen scheint.
„Ja, es geht mir besser. Der Spaziergang hat mir sehr gut getan und ich habe auch kaum noch diese Schwindelanfälle.“
„Ich hoffe, du sagst es nicht nur, um mich zu beruhigen.“
„Nein, wirklich nicht, Schatz. Glaube mir. Außerdem, um dich zu beruhigen, habe ich morgen einen Termin bei meiner Ärztin.“
„Dann ist ja gut.“
Der große Ball: Vor dem Haus fahren die tollsten Limousinen vor und sehr elegant gekleidete Herrschaften steigen aus und betreten die sehr festlich geschmückte Villa. Dort werden sie von Ned, Jörg und Frank begrüßt. Selbst Mike ist sehr fein angezogen, was ein wenig befremdlich wirkt. Es herrscht eine angenehme Stimmung, dann wird die Aufmerksamkeit auf die Treppe gelenkt und es erscheinen Marion und Matha in den aufwendigsten Ballkleidern der neuen Kollektion. Das Kleid von Marion ist rot und sehr traditionell. Mathas ist blau und wirkt etwas jugendlicher und trendiger. So zeigen sie die neuste Entwicklung von >Korth Moden<. Ein erfreuliches Raunen geht durch den Raum. Frank nimmt Marion und Ned Matha am Ende der Treppe in Empfang. Dann mischen sie sich unter die Gäste und begrüßen diese, wobei sie natürlich die Kleider dabei demonstrieren. Es gesellen sich nun auch einige Modells mit weiteren Kleidern hinzu, so wie es jedes Jahr Tradition ist. Matha wird mit Lob überhäuft für ihre neuen Entwürfe und einige sprechen sogar von einer Revolution in der Entwicklung bei Korth. So startet der Abend gut und alles scheint perfekt zu laufen. Matha bemerkt natürlich, daß die Wirkung nachgelassen hat und es Marion wieder besser zu gehen scheint. Sie nähert sich, mit einem Mann im Schlepptau, mit dem sie sich unterhält, vorsichtig dem Tisch, wo Marion ihr Glas abgestellt hat. In einem unbeobachteten Moment, lenkt sie ihren Gesprächspartner ab, schüttet mehr als die Hälfte des Fläschchens in Marions Saftglas, wendet sich dann schnell wieder ab und geht, vertieft in dem Gespräch mit dem jungen Mann davon, bevor irgendjemand sie bemerken konnte. Marion greift zu ihrem Glas und trinkt es fast ganz aus, was Matha aus den Augenwinkeln beobachtet.
Jörg wandelt herum und begrüßt einige der Gäste freundlich und trifft am Buffet Matha.
„Und? Genießt du das Fest?“ säuselt sie.
„Ich gebe zu, eine kleine Party im Freundeskreis ist mir schon lieber. Etwas ungezwungener.“
„Naja, wer weiß? Man weiß nie, wie es so geht im Leben, nicht wahr? Manchmal werden Wünsche ja wahr.“
„Was meinst du damit?“
„Och nichts. Versuch dich einfach zu amüsieren.“
Matha wendet sich einem anderen Gast zu, hängt sich an seinen Arm und beginnt mit ihm eine Unterhaltung, während Jörg ihr verwirrt nachsieht.
Kurz darauf stößt Ned zu Jörg, der etwas nachdenklich am Fenster steht.
„Was ist los?“
„Nichts, alles in Ordnung. Aber sag mal, wie kommt Matha eigentlich damit klar, daß nicht sie, sondern Frank jetzt die Leitung übernehmen wird in der Babypause?“
„Ganz gut. Wieso fragst du?“
„Na ja, kommt dir das nicht etwas merkwürdig vor, nachdem sie so um diesen Posten gekämpft hat?“
„Ach, Matha ist nur halb so schlimm, wie sie immer tut. Glaub mir. Mach dir nicht so viele Sorgen.“
Ned schlägt Jörg freundschaftlich auf die Schulter. Dieser versucht mit einem Lächeln seine Zweifel zu überspielen.
Frank sitzt bei Marion und einigen Gästen, die sich angeregt unterhalten, als er Mike auf der Treppe draußen auf der Terrasse sitzen sieht. Er entschuldigt sich kurz und geht zu ihm.
„Wird dir das hier nicht etwas kalt?“
„Was..?“ erschrickt Mike. „Nein nein. Ist alles klar.“
„Hör zu. Jörg hat mir gesagt, was los ist. Du musst nicht den starken Mann spielen. Wenn dich die Sache so beschäftigt, dann musst du sie klären, okay?“
„Du hast leicht reden. Ich hab das Gefühl, ich bin der Einzige, den die Geschichte mitnimmt.“
„Das stimmt nicht.“ seufzt Frank. „Nur Jörg und ich haben eine andere Art damit um zu gehen. Das gehört zum erwachsen werden dazu, verstehst du? Erinnerst du dich, was Jörg gestern auf der Präsentation gesagt hat?“
„Das Mama sich entschuldigen soll und sie dann gern vorbeikommen kann?“
„Genau. Das ist ehrlich gemeint. Sie ist immer noch unsere Mutter und das wird sie immer bleiben. Aber sie muss auch akzeptieren, daß wir nicht immer der gleichen Meinung sind. Sie muss respektieren, daß wir unsere eigenen Wege gehen und vor allem darf sie nicht weiter von diesen Rachegelüsten getrieben sein.“
„Denkst du, das wird sie lernen?“
„Ich denke ja. Vielleicht nicht für Jörg oder mich, aber dich hat sie immer sehr geliebt.“
„Sie hatte aber eine merkwürdige Art das zu zeigen.“
Frank lacht. „Ja das stimmt. Aber so ist sie nun mal.“
„Ich glaub, du hast recht.“ freut sich Mike und steht auf. „Und jetzt lass uns rein gehen, ich hab echt Kohldampf.“
„So gefällst du mir schon besser.“ lächelt Frank, legt den Arm um seinen Bruder und geht wieder hinein.
Gerda sitzt in ihrer Wohnung, wo nur eine kahle Glühbirne von der Decke baumelt. Sie starrt auf das Bild ihres Mannes und dann auf eines wo die Kinder abgelichtet sind. Daneben liegt der Brief von Mike.
„Ich werde euch nicht aufgeben. Niemals. Ich werde bald wieder genug Kraft haben und dann...zerstöre ich die Korths mit allen Mitteln die ich bekommen kann. Das verspreche ich!
Marion schlägt mit ihrem Ring an das Glas und bittet so um Aufmerksamkeit.
„Ich danke ihnen, daß sie alle gekommen sind und wir so die Tradition von >Korth Moden< weiterführen können, wie es schon unsere Eltern getan haben. Sie haben...“ Bilder schwimmen vor ihren Augen. „Entschuldigung: Ich wollte sagen: sie haben die neue Kollektion nun gesehen und wir stehen vor einer großen Expansion auf die ich mich schon sehr freue...“ Schwindel setzt ein.“Wie sie...“
„Alles in Ordnung?“ flüstert Frank und Marion nickt.
„Sie merken es ja, meine Damen und Herren. Mein Kind möchte etwas mehr Aufmerksamkeit und mag keine großen Reden.“
Die Gäste lachen.
„Wie dem auch sei: Ich werde mich genau deswegen ab heute etwas zur Ruhe setzen und mich ganz um die Familie kümmern. Mein Mann wird ihr neuer Ansprechpartner sein und meine Schwester steht ihnen auch zur Verfügung. In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein erfolgreiches neues Geschäftsjahr.“ Sie hebt das Glas und alles klatscht und trinkt. Dann fällt Marion das Glas aus der Hand, verdreht die Augen und bekommt Atemnot. Sie bricht zusammen, was für alle ein Schock ist. Matha stürzt zu ihr und tätschelt ihre Wangen. Frank rennt sofort los um einen Krankenwagen zu holen. Matha sieht Marion zufrieden grinsend an, spielt dann aber sofort wieder die Besorgte und schaut hinauf zu Jörg, der sie sehr skeptisch ansieht.